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Die existentielle Krise als Chance

Die existentielle Krise als Chance

Ein Artikel von Jan Orlowski

Erscheinungsdatum: 16. März 2020
Schlagwörter: Selbsterfahrung, Spiritualität, Therapie

Wir alle werden sterben. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 100 Prozent. Mit oder ohne Corona.
Schafft das neue Virus auch deshalb soviel Unbehagen in uns, weil es uns diese Tatsache bewusst macht?

Jeden Tag bekommen wir neue Zahlen: Wie viel Prozent von uns sich infizieren werden, mit wieviel Prozent Wahrscheinlichkeit wir in welcher Altersgruppe an Covid-19 sterben und so weiter.
Natürlich möchte niemand von uns sterben oder seine Eltern verlieren! Auch halte ich es für richtig, alles dafür zu tun, dass sich das Virus nicht zu schnell ausbreitet.

Ich möchte den Fokus hier aber auf unser seelisches Befinden dabei richten. Sorge, Angst und Panik verbreiten sich vielleicht noch schneller als das Virus. So viele Unsicherheiten gibt es: Aufträge brechen weg, der Job ist gefährdet, alle Halt gebenden sozialen Ereignisse werden abgesagt, die Schulen schließen, die Kinderbetreuung ist ungeklärt, unser Erspartes schmilzt dahin.
Mich interessiert aber am meisten, wie viel von den Ängsten auch mit der existentiellen Frage zu tun hat, mit der Frage um Leben und Tod. Und ich möchte einen Weg aufzeigen, wie wir die aktuelle Situation dazu nutzen können, uns intensiver mit dieser Frage zu beschäftigen, die Krise sozusagen als eine Chance hierfür zu begreifen.

Ich glaube, dass es sich lohnt. Vermeidung lähmt, sie engt unseren Horizont ein und ist der Nährboden von Ängsten. Auch die Vermeidung, uns mit dem Offensichtlichen, nämlich unserer Sterblichkeit zu konfrontieren.

Es gibt keine einfachen Antworten auf die Frage nach dem Sinn oder der Bedeutung des Todes, vielleicht gibt es überhaupt keine befriedigenden Antworten darauf.
Was aber in einer Auseinandersetzung damit geschehen kann: wir könnten gelassener werden mit allen anderen aktuellen Problemen, angesichts des Todes erscheinen sie viel kleiner. Die Beschäftigung mit unserer Zerbrechlichkeit kann uns sensibler und offener für den Augenblick oder unser Gegenüber machen. Wir können lernen, schneller Dinge loszulassen, die nicht wirklich wichtig für uns sind. Unsere Werte, das was uns wirklich etwas bedeutet und dem Leben Sinn gibt, kann klarer werden.
Wenn man nun über 80 Jahre alt ist und Frieden geschlossen hat mit seiner eigenen Endlichkeit und seinen Lieben, könnte man dann vielleicht sagen: Wenn Corona kommt, bin ich bereit zu gehen, ich möchte mich gegen das Schicksal nicht aufbäumen mithilfe der Geräte der Intensivmedizin, sondern mich davonwehenlassen wie ein trockenes Blatt eines alten Baumes vom Wind?

Wir wissen nicht, was nach dem Tod kommt, auch wenn manche unumstößliche Überzeugungen diesbezüglich haben. Aber ein Anfreunden mit dem Nicht-Wissen ist möglich! Vielleicht reißt es uns uns den Boden unter unseren Füßen weg, vielleicht verstört es uns. Aber vielleicht bringt es uns auch dem näher, nach dem wir uns sehnen: einem innerem Frieden und einer Freiheit, die tiefer sind, als die oberflächlichen Schwankungen des Lebens. Vielleicht.
Versprechen will ich es nicht. Aber Mut zusprechen möchte ich, Mut sich dem Unbekannten zuzuwenden, egal ob es sich bei dem Unbekannten um den Tod, um die nächste mögliche Einschränkung aufgrund der Krise oder einfach nur um den nächsten ungewissen Augenblick handelt: im Zen spricht man vom Anfänger-Geist. Nicht-Wissen wird hochgehalten als erstrebenswerte Haltung. So können wir die Welt offen und neugierig betrachten wie Kinder. Aber Zen ist eingebettet in eine Tradition mit eigenen Riten und Dogmen. Wollen wir stattdessen wagen, einen Anfänger-Geist zu pflegen, der ganz frei ist von den Anschauungen einer Tradition?
Auch im Hinblick auf das Virus? All das Wissen der Virologen hilft wenig, wir wissen nicht, was morgen, nächste Woche oder nächsten Monat kommt.

Gleichzeitig haben wir alle ein großes Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit. Dieses muss zu einem gewissen Grad erfüllt sein, bevor wir uns den großen Fragen zuwenden können. Wir brauchen Kontakt, müssen uns ernst genommen fühlen, brauchen es, andere zu sehen und gesehen zu werden. Gerade in Zeiten einer Epidemie müssen wir schauen, wo und wie diese Bedürfnisse erfüllt werden. Vielleicht werden sie in der Partnerschaft oder Familie erfüllt, vielleicht bei den Anonymen Alkoholikern, in der Kirchengemeinde oder in einer buddhistischen Gruppe. Was tun, wenn das nun wegbricht? Zu glauben, wir könnten ganz ohne andere, autonom und in Frieden mit uns selbst leben, ist in den meisten Fällen eine spirituell-romantische Illusion. Wahrscheinlich ist es nicht schlimm, wenn das soziale Leben für ein paar Wochen oder Monate aussetzt oder überwiegend virtuell stattfindet. Wir können die gewonnene Zeit nutzen, um grundlegend zu überdenken, wie, wofür und mit wem wir leben wollen. Die existentielle Frage kann diese Reflexion bedeutend vertiefen, sodass aus der Krise vielleicht eine neue Vision entsteht.

Wenn Sie sich beim Finden einer Vision, in schwierigen Lebenslagen oder persönlichen Krisen von mir unterstützen lassen wollen, bin ich gern für Sie da. Lassen Sie uns gemeinsam die Krise für eine innere Entdeckungsreise nutzen. Mit Hilfe von achtsamkeitsbasierten Verfahren wie Focusing oder IFS (Internal Family Systems) kann es in unseren Einzelsitzungen darum gehen, verschiedene und oft widersprüchlich erscheinende Anteile oder Impulse anzuerkennen, zu akzeptieren und zu integrieren. In Paarsitzungen kann es ebenso um Krisenbewältigung gehen, um einen Neustart oder auch um das Ebnen des Weges nach einer Trennung.
Jan Orlowski im Aquariana

Jan Orlowski

Focusing, Internal Family System (IFS)
Systemische Paartherapie

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