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Schreib das doch mal auf!

Schreib das doch mal auf!

Von der Kraft unserer inneren Ressourcen und dem Spaß beim Entstehen von Geschichten

Ein Artikel von Renate Graßtat

Erscheinungsdatum: 05. Februar 2021
Schlagwörter: Kreativität, Selbsterfahrung, Selbsthilfe


„Das müsstest du wirklich mal aufschreiben! – Das ist ja eine herrliche Geschichte!“ Fast jede_r von uns hat das schon einmal gehört und meist quittiert mit einem Lachen: „Ja, wenn ich schreiben könnte!“ 

Doch wir alle können schreiben. Und wir alle haben solche Geschichten schon erlebt – Situationen, die aufzuschreiben es sich lohnen würde. Sei es, weil sie schreiend komisch sind, oder weil sie tiefe Wahrheiten enthalten; sie können Zeitgeschichte sein oder auf ganz andere Weise bedeutsam für ein Menschenleben: Trost spenden, anregen oder gar erheitern, provozieren, erhellen, bereichern und berühren.

Viele von uns verbinden das Schreiben jedoch mit einer „Leistung“, die fremden Regeln zu gehorchen hat. Die Freude daran wurde ihnen in der Schule gründlich ausgetrieben. Oder sie haben sich einmal mit sehr persönlichen Worten geöffnet und daraufhin Kritik geerntet – bzw. Unverständnis. Vielleicht verbinden sie das Schreiben auch mit den girlandenartigen Sätzen, den tiefschürfenden Gedanken oder spitzfindigen Pointen bekannter Autor_innen, die in ihrer „Perfektion“ so gut wie unerreichbar scheinen.

Dabei ist Schreiben in uns allen angelegt, seit es zum Beispiel Höhlenmalereien gibt. Etwas in Bilder oder Worte fassen, um es im wahrsten Sinne zu „begreifen“ oder mitzuteilen, das entspringt einem uralten Bedürfnis. Und auch der Schritt von Ritualen und gesprochenen Beschwörungsformeln, von verbindenden Gesprächen hin zum Schreiben ist nicht wirklich groß.

Vom „Ich“ zum „Wir“

Zunächst einmal schreiben wir ja meistens für uns selbst. Tagebuchnotizen können vieles: Ängste lindern, Abstand schaffen, Gedanken ordnen, Prozesse begleiten und natürlich das Gedächtnis unterstützen – die Dinge bewahren vor dem Vergessen. Was und wie wir dabei schreiben, spielt im Grunde keine Rolle: Immer wieder finden wir in einer großen Schleife zu uns selbst zurück. Sie lässt uns Atem holen, Neues ertasten, Erkenntnisse und Vergewisserung finden – stellt diese aber auch in Frage, wenn es nötig ist. So ist das Schreiben dann ein Pfad zur Heilung im Sinne seelischer Integrität.
Doch tatsächlich: Was wir für uns selbst aufschreiben, ist oft nicht geeignet für die Augen/Ohren anderer – nicht in dieser Form zumindest. Um es für andere zu gestalten, müssen wir Distanz gewinnen. Und auch schützen, was uns zu intim erscheint. Dann fragen wir zum Beispiel:

  • Wie klingt das, was ich da geschrieben habe?
  • Gibt es vielleicht noch andere Ausdrucksformen, und wie wirken diese?
  • Wie verständlich ist das alles, und:
  • Hält es die Lust am Weiterlesen aufrecht?

Ja, es geht um „Techniken“ und insofern ein paar Regeln, die sich gut erlernen lassen. Doch auch um Achtsamkeit und manchmal detektivisches Gespür. Und diese Regeln kommen nicht von außen, sie existieren in uns selbst. Wenn wir danach ein Stück Text in Händen halten, dessen Funke auf die anderen überspringt, liegt darin ein großes Glück.

Auch dies kann durchaus Ritual sein: gemeinsam Texte auf uns wirken lassen. Die Erfahrung, dass sich etwas mitteilt, was noch hinter diesen Worten liegt. Das ist Erleben von Verbindung – selbst wenn wir Unterschiedliches assoziieren.

Verbindung schaffen auch die kleinen Übungen „zum Spaß“ - die erstmal keinen Sinn ergeben. Oder etwa doch? Schreiben, ohne nachzudenken, Rhythmisches zum Ausprobieren, Spielerei mit Stilen bis zum dadaistisch inspirierten Aufeinanderprall von Dingen, die scheinbar nicht zusammengehen: So erhöhen wir den Spielraum der Ideen und auch die eigene Lebendigkeit und Flexibilität. Humor stellt sich oft automatisch ein. Ganz nebenbei wird hier das Ausdrucks- und Ideenspektrum breiter.

Und dies kommt auch den ernsten Texten dann zugute; manches fühlt sich dadurch leichter an.

Schreiben wirkt.

Dazu zwei „Fallbeispiele“, die Popularität erlangten:

  1. Hanns-Josef Ortheil war ein kleiner Junge, der nicht sprach. In Solidarität mit seiner Mutter, die, hochgradig traumatisiert, für das Leben keine Worte fand, blieb er stumm bis in die Schulzeit. Heute ist er Schriftsteller und Professor für Kreatives Schreiben – und er spricht. Unermüdlich bringt er zu Papier, wie er sich der Sprache näherte und sie sich „zu eigen“ machte: indem er schrieb und schrieb und schrieb – bis dann der Knoten platzte. Schreiben setzt er, wenig überraschend, in Bezug zur Stille. Immer ist es für ihn eine „Arbeit an sich selbst“.

  2. Thomas Warren hatte eine ungewöhnliche Idee. Wer ein Geheimnis hat, das ihn bedrückt, der schickt ihm eine Nachricht. Auf seiner Website „postsecret.com“ wird es dann veröffentlicht – natürlich völlig anonym.

Unzählige Menschen haben das getan. Ihre Geheimnisse reichen von ganz banal erscheinenden Wünschen über das Empfinden von Ungerechtigkeiten, das aus irgendeinem Grund zurückgehalten werden muss, bis hin zu Welt bewegenden Geständnissen. Inzwischen gibt es ganze Bücher mit den kurzen Texten und auch eine Webseite auf Deutsch: Postsecretdeutsch.blogspot.com. Das Bedürfnis, etwas mit der Welt zu teilen, es ins „Außen“ zu befördern und vielleicht „herauszuschreien“ ist erstaunlich groß.

Autobiografisches Schreiben und Kreatives Schreiben im Aquariana

In meinen Kursen geht es meist um beide Seiten – das nach innen Wirken, aber auch nach außen. Manches, was notiert und hier gesammelt wird, bleibt bei den Schreiberinnen. Anderes wird vorgelesen und behutsam kommentiert, in Hinblick auf die „Außenwirkung“ und Empfindungen der anderen. Dabei geht es immer um zwei Fragen:

  • Was hat mir gefallen und mich besonders angesprochen?
  • Was würde ich mir weiter wünschen? Wozu hätte ich gern mehr Information?

„Das hatte ich schon fast vergessen und erst beim Schreiben fiel es mir wieder ein!“ – Bilder, Menschen, Situationen sind vor dem inneren Auge wieder ganz präsent. Sie können zu Geschichten werden, die nicht nur die Erinnerung, sondern das „Bei-sich-Sein“ stärken.

Autobiografische Texte erhalten ihren letzten Schliff. Manchmal werden sie auch weiter modelliert, um andere Menschen zu erreichen. Denen, für die sie bestimmt sind, wird es nicht nur Freude machen, sie zu lesen – es wird ihnen auch leichter fallen, Beweggründe für so manche Überzeugung und Entscheidung zu verstehen.

Innerhalb der Gruppe wächst die Verbundenheit. Ganz nebenbei erhöht sich unsere Resilienz.

Und dann passieren häufig zauberhafte Dinge, die ich nie erwartet hätte. Mittendrin in einer Szene, halten wir den Atem an. Ein Bild entsteht wie aus dem Nichts, selbst zum Erstaunen der Verfasserinnen, und wenn ein "Zauberwort“ getroffen wird, ist es ein magischer Moment.

In einem guten Buche stehen mehr Wahrheiten, als sein Verfasser hineinzuschreiben meinte.
(Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Einige schöne Texte zum Thema "Pandemie – na und?" finden Sie hier.

Regelmäßige Gruppe Autobiografisches Schreiben
Jeden 1. und 3. Dienstag von 10.30 Uhr bis 12.00 Uhr
25,- € pro Termin, auch einzeln buchbar
Texte werden nachbereitet und auf Wunsch redigiert

Workshops Kreatives Schreiben
Einmal monatlich samstags von 14.00 bis 18.00 Uhr
50,- € pro Termin
20. Februar (fraglich), 13. März, 24. April, 22. Mai und 26. Juni 2021

Um Anmeldung wird gebeten.

Renate Graßtat im Aquariana

Renate Graßtat

Autobiografisches Schreiben,
Workshops Kreatives Schreiben
M.A. Literaturwissenschaft, HP Psych.

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